Lösungen der Klausur für Mathematik vom 30. 06. 2001

1.
Phosphor$-32$ hat eine Halbwertszeit von 14,2 Tagen. Wie lange dauert es (Angabe in Stunden, Minuten und Sekunden), daß eine Probe $2\%$ ihrer Aktivität verliert?
Hinweis: Der Zerfall wird durch die Funktion $f(t)=c_0e^{-\lambda t}$ mit $\lambda>0$ modelliert.

Lösung: Es gilt

\begin{displaymath}
\frac{c_0}{2}= c_0e^{-\lambda\, 14,2}
\end{displaymath}

Dividiert man durch $c_0$ und bildet den natürlichen Logarithmus auf beiden Seiten der Gleichung, so folgt

\begin{displaymath}
ln\left(\frac{1}{2}\right)= -\lambda\, 14,2 \ ,
\end{displaymath}

also ist

\begin{displaymath}
\lambda = \frac{ln(2)}{14,2}.
\end{displaymath}

Nach Aufgabenstellung erhält man den Ansatz

\begin{displaymath}
0,98 c_0= c_0e^{-\lambda\, t_1}.
\end{displaymath}

Geht man analog vor, so folgt die gesuchte Zeit (in Tagen):

\begin{displaymath}
t_1=\frac{-ln(0,98)}{\lambda}=\frac{-14,2 *ln(0,98)}{ln(2)}=0,4138 \ .
\end{displaymath}

Das sind 9 Stunden 55 Minuten und 59 Sekunden.


2.
Es ist bekannt, daß die Koeffizienten bei $x^{41}$ und bei $x^{53}$ in der Entwicklung von $(1+x)^n$ übereinstimmen. Bestimmen Sie den Exponenten n.

Lösung:
Nach der Binomialentwicklung ist ${ n \choose 41 }$ der Koeffizient bei $x^{41}$ und ${ n \choose 53 }$ der Koeffizient bei $x^{53}$. Es gilt also

\begin{displaymath}
{n \choose 41 }={ n \choose 53 }.
\end{displaymath}

Außerdem hat man auf Grund der Symmetrie

\begin{displaymath}
{n \choose 41 }={ n \choose n-41}.
\end{displaymath}

Somit ist

\begin{displaymath}
n-41=53
\end{displaymath}

eine Lösung, (man kann sogar leicht einsehen, daß es die einzige Lösung ist) also ist $n=94$.


3.
Zur Rast lassen sich 90 Stare auf 6 Bäume nieder. Die Stare lassen sich nicht unterscheiden.
a) Geben Sie 2 mögliche Verteilungen der Stare auf die Bäume an.
b) Bestimmen Sie die Anzahl der Verteilungen der Stare auf die Bäume.

Lösung:
a) Folgende Tabelle enthält zwei Lösungen:

\begin{displaymath}
\begin{array}{cccccc}
1.\, Baum&2.\, Baum&3.\, Baum&4.\, Bau...
... Baum\\
\hline
15&15&15&15&15&15\\
90&0&0&0&0&0
\end{array}
\end{displaymath}

b) Die Bäume kann man als Zellen und die Stare als nichtunterscheidbere Kugeln interpretieren. So ist jede Aufteilung eine Aufteilung von $90$ Kugeln auf $6$ Zellen. Dies sind alle Kombinationen von $n=6$ zu $k=90$ (mit Wiederholung), also

\begin{displaymath}
{90+6-1 \choose 6-1}={95 \choose 5}= 57~940~ 519 \ 
\end{displaymath}

Möglichkeiten.


4.
Es sei die Folge $\{x_n \ge0:n=0,1,2,...\}$ gegeben durch $x_{n+1}=\frac{4}{5}x_n+\frac{11}{5}\frac{1}{x_n^4}$, ($n=1,2,..)$ und $x_0$.
a) Bestimmen Sie die Reproduktionsfunktion $g$ dieser Folge und ihren Fixpunkt $t$.
b) Zeichnen Sie in einem Koordinatensystem die Reproduktionsfunktion, ihre Fixpunkte und drei Werte der Folge mit Anfangswert $x_0=3$.
c) Zeigen Sie, dass $x_{n+1}:=g(x_n)< x_n$ für $x_n>t$ gilt.
d) Zeigen Sie, dass $g(x_n)>t$ für $x_n\neq t$ gilt.
e) Zeigen Sie, dass die Folge $\{x_n \ge0:n=0,1,2,...\}$ für Anfangswerte $x_0> t$
wegen c) und d) monoton fallend ist.
f) Schließen Sie aus d) und e), daß für alle Anfangswerte $x_0>0$ die Folge konvergent ist.
g) Bestimmen Sie den Grenzwert dieser Folge und alle Anfangswerte $x_0>0$, für die die Folge konstant ist.
Lösung:
a)
Die Reproduktionsfunktion lautet:

\begin{displaymath}
g(x)=\frac{4}{5}x+\frac{11}{5}\frac{1}{x^4} \ .
\end{displaymath}

Der Fixpunkt $t$ erfüllt die Gleichung
$\displaystyle g(t)=t \ .$     (1)

Wird von dieser Gleichung (von beiden Seiten) $\frac{4}{5}t$ subtrahiert, und mit $5$ multipliziert, so ergibt sich

\begin{displaymath}
t=11\frac{1}{t^4} \ .
\end{displaymath}

Daraus folgt

\begin{displaymath}
t= 11^{ %
1/5 } = \ \ ^5\!\!\!\sqrt{11} \ .
\end{displaymath}

b)

Abbildung 1: Drei Glieder der Reproduktionsfolge
\includegraphics [width=6cm,angle=270]{s.ps}

$\dots $ x$_2$ x$_1$ x$_0$

c)
Die Ungleichung
$\displaystyle x_{n+1}:=g(x_n)< x_n$     (2)

wird genauso behandelt wie Gleichung (1). Es ergibt sich

\begin{displaymath}
x_n> t,
\end{displaymath}

also eine wahre Aussage. Da alle Schritte umkehrbar sind folgt (2).
d)
Man bestimmt das Minimum der Funktion $g$. Es gilt

\begin{displaymath}
g'(x)=\frac{4}{5}-\frac{44}{5}\frac{1}{x^5} \ ,
\quad
g''(x)= 44\frac{1}{x^6} \ .
\end{displaymath}

Dann verschwindet $g'$ nur an der Stelle $t$, d. h. $g'(t)=0$. Außerdem gilt $g''(t)>0$. Somit liegt in $t$ ein lokales Minimum. Wegen

\begin{displaymath}
\lim_{x\to 0} g(x) =\infty\quad \ , {\rm und \ \ } \ \lim_{x\to \infty} g(x) =\infty
\end{displaymath}

ist das Minimum sogar global.
e)
Nach d) gilt für alle $x_0> t$ auch $x_n>t$. Nun zeigt c), dass die Folge $\{x_n:n=0,1,2,..\}$ monoton fallend ist.
f)
Nach d) ist zumindestens $x_1>t$. Nach f) ist die Folge $\{x_n:n=1,2,..\}$ monoton fallend, und nach d) von unten beschränkt. Also ist sie konvergent.
g)
Grenzwerte und Anfangswerte $x_0$ , die alle Glieder konstant lassen, sind allgemein Fixpunkte. Also folgt $\lim_{n\to \infty}x_n=t=x_0$


5.
Die folgende Tabelle stellt zwei Merkmale $x$ und $y$ dar. Hierbei ist $h$ eine Konstante:

\begin{displaymath}
\begin{array}{c\vert ccccc}
y_i& 4+h&10+h&12+h&15+h\\
\hline
x_i&0&2&3&6
\end{array}\end{displaymath}

a) Entscheiden Sie mit Hilfe des Korrelationskoeffizienten, welche der Ansätze (i) $y=ax+b$ bzw. (ii) $y=A x^3+B$ eine kleinere Summe der quadratischen Abweichnungen liefert.
b) Bestimmen Sie mit Hilfe der Methode der kleinsten Quadrate die bessere Anpassung.
c) Zeichnen Sie die Punktwolke und die beste Anpassung in einem Koordinatensystem für einen Wert von $h$.

Lösung:
Da $h$ eine Konstante ist, ist der Korrelationskoeffizient zwischen $x$ und $y$, und zwischen $x$ und $z:=y-h$ gleich, d.h. $r_{x,y}=r_{x,z}$. Analog folgt $ r_{x^3,y}=r_{x^3,z}$, wir können also den Fall h=0 betrachten. Dies realisiert die Transformation zu $z$. Folgende Tabelle enthält Hilfsresultate zur Berechnung der Korrelationskoeffizienten:

\begin{displaymath}
\begin{array}{c\vert c\vert c\vert c\vert c\vert c\vert c\ve...
...
\\
\hline
Summe&11&41&146&49&485&&251&3644&47449
\end{array}\end{displaymath}

Es ergeben sich nun die Korrelationskoeffizienten aus

\begin{displaymath}
r_{x,z}=\frac{4*146-11*41}{\sqrt{(4*49-11^2)(4*485-41^2)}}=\frac{133}{\sqrt{75*259}}=0,95
\end{displaymath}

und

\begin{displaymath}
r_{x^3,z}=\frac{4*3644-251*41}{\sqrt{(4*47449-251^2)(4*485-41^2)}}=\frac{4285}{\sqrt{126795*259}}=0,75
\end{displaymath}

Folglich ist

\begin{displaymath}
0 < r_{x^3,z} < r_{x,z}
\end{displaymath}

und somit ist die Anpassung (i) die bessere.
b) Die beste Anpassung $y=Ax+B$ von $y$ durch $x$ erhält man aus der besten Anpassung $z=ax+b$ von $z$ durch $x$ gemäß

\begin{displaymath}
y=Ax+B=ax+b+h.
\end{displaymath}

folglich genügt es $a$ und $b$ zu bestimmen. Diese Parameter ergeben sich aus

\begin{displaymath}
a=\frac{4*146-11*41}{4*49-11^2}=\frac{133}{75}=1,77
\end{displaymath}


\begin{displaymath}
b=\frac{49*41-146*11}{4*49-11^2}=\frac{403}{75}=5,37.
\end{displaymath}

Die beste Anpassung hat die Gestalt

\begin{displaymath}
y=1,77x+5,37+h.
\end{displaymath}

c)

Abbildung 2: Punktwolke mit bester Anpassung $y=1,77x+5,37$, $h=0$.
\includegraphics [width=6cm,angle=270]{s1.ps}


6.
Für ein Merkmal mit 5 Ausprägungen $a_i$ wird eine Versuchsreihe mit 40 Versuchen durchgeführt. Folgende Tabelle enthält die Resultate ($h(a_i)$ -- absolute Häufigkeit von $a_i$):

\begin{displaymath}
\begin{array}{c\vert ccccc}
a_i&1&3&5&7&18\\
\hline
h(a_i)&6&10&12&10&2
\end{array}\end{displaymath}

a) Bestimmen Sie folgende Charakteristiken: Modalwert, Mittelwert, empirische Varianz $\hat{\sigma}^2$ und das Quantil der Ordnung $0,32$.
b) Bestimmen Sie die Ausreißer und dann die Kenngrößen des Boxplots. Zeichnen Sie den Boxplot.

Lösung:
Zur Bestimmung von $\bar{x}$ und $\hat{\sigma}^2$ dient folgende Tabelle:

\begin{displaymath}
\begin{array}{cc\vert ccccc}
&a_i&h(a_i)&a_ih(a_i)&a_i^2h(a_...
...&490\\
&18&2&36&648\\
\hline
Summe & &40&202&1534
\end{array}\end{displaymath}

Also ergeben sich mit n=40

\begin{displaymath}
\bar{x}=\frac{202}{40}=5,05,\quad \hat{\sigma}^2=
\frac{1}{40}\left(1534-202^2\right)=12,85 \ .
\end{displaymath}

Zur Bestimmung des Quantils der Ordnung $0,32$ bildet man

\begin{displaymath}
n*0,32=12,8 \ .
\end{displaymath}

Die nächst größere ganze Zahl ist $k=13$. Es gilt dann

\begin{displaymath}
x_{0,32}=a_{(13)}=3 \ .
\end{displaymath}

b) Durch folgende Tabelle bestimmt man die Quantile:

\begin{displaymath}
\begin{array}{cccccc}
\alpha &n*\alpha &k&x_{\alpha}
\\
\hl...
...30&30&\frac{x_{(30)}+ x_{(31)}}{2}= \frac{7+7}{2}=7
\end{array}\end{displaymath}

Es gilt für die Grenzen:

\begin{displaymath}
x_{0.5}+3*(x_{0.75}-x_{0,25})=5+3(7-3)=17,\quad
x_{0.5}-3*(x_{0.75}-x_{0,25})=5-3(7-3)=-3.
\end{displaymath}

Somit sind die beiden Werte 18 Ausreißer. Durch folgende Tabelle bestimmt man die Quantile nach Elimination der Ausreißer mit n=38:

\begin{displaymath}
\begin{array}{cccccc}
\alpha &n*\alpha &k&x_{\alpha}
\\
\hl...
...}{2}= \frac{5+5}{2}=5\\
0,75&28,5&29&x_{(29)}= 7
\end{array}
\end{displaymath}

(Also ändern sich die Quantile hier nicht.)

Abbildung 3: Boxplot
18 *

\includegraphics [width=6cm,angle=270]{s2.ps}


7.
a) Zeigen Sie, dass im Intervall $[0,5; 1]$ die Gleichung $2^x=3x^2$ eine Lösung besitzt.
b) Bestimmen Sie mit Hilfe des Newtonschen Verfahrens mit $x_0=1$ die Approximationen $x_1$ und $x_2$ dieser Lösung.
c) Welche Genauigkeit hat $x_2$?

Lösung:
a) Die Lösung der Gleichung $2^x=3x^2$ ist gleichwertig mit der Nullstelle der stetigen Funktion

\begin{displaymath}
f(x):=2^x-3x^2.
\end{displaymath}

Es ist $f(0,5)=0,664$ und $f(1)=-1$ . Da die Werte von $f$ unterschiedliches Vorzeichen an den Enden des Intervalles haben, existiert eine Nullstelle.
b) Wegen $f'(x)=ln(2)2^x-6x$ lautet die Rekursion

\begin{displaymath}
x_{n+1}=x_n-\frac{2^{x_n}-3x_n^2}{ln(2)2^{x_n}-6{x_n}}.
\end{displaymath}

Es folgt somit

\begin{displaymath}
x_{1}=1-\frac{-1}{ln(2)2-6}= 0,783
\end{displaymath}

und

\begin{displaymath}
x_{2}=0,783-\frac{2^{0,783}-3 *(0,783)^2}{ln(2)2^{0,783}-6*0,783}= 0,749 \ .
\end{displaymath}

c) Zunächst wird

\begin{displaymath}
m=\{min\,\vert f'(x)\vert:x\in[0,5;1]\}
\end{displaymath}

bestimmt. Dazu berechnet man

\begin{displaymath}
f''(x)=(ln(2))^22^x-6.
\end{displaymath}

Im Intervall [0,5;1] ist $f''$ negativ und somit ist $f'$ monoton fallend. Wegen $f'(0.5)=-2.02$ gilt $m=2.02$. Als Fehlerschranke ergibt sich

\begin{displaymath}
\frac{\vert f(x_2)\vert}{m}= \frac{0,002375}{2.02}=0,0012.
\end{displaymath}


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2001-07-12