Lösungen zur Klausur für Mathematik vom 12. 07. 2003

Aufgabe 1   Jährlich werde (periodisch) die Masse $M$ des Cäsiumisotops $^{137}Cs$ an die Umgebung abgegeben. (Beginnend mit $M_0$=$M$.) Das Cäsium verliert (ebenfalls jährlich) $2,3\%$ seiner Masse durch radioaktiven Zerfall. Es bezeichne $M_n$ die Gesamtmasse von $^{137}Cs$ am Ende des n-ten Jahres.
a) Zeigen Sie, dass die Folge $\{M_n\}_{n=0,1,2\cdots}$ einem inhomogenen linearen Modell der Populationsentwicklung genügt und geben Sie die entsprechenden Parameter $M_0$, $q$ und $d$ an.
b) Bestimmen Sie die Grenzkonzentration $M_\infty$ und $M_{100}$.

Lösung 1   a) Am Ende des ersten Jahres sind noch $ M_1=q M+M$ vorhanden, wobei

\begin{displaymath}
q=1-0,023= 0,977
\end{displaymath}

gilt, und am Ende des zweiten Jahres haben wir

\begin{displaymath}
M_2= q(q M+M)+M=qM_1+M= q M_1+ M.
\end{displaymath}

Analog folgt

\begin{displaymath}
M_{n+1}= qM_n+M= q M_n+ M.
\end{displaymath}

Es liegt also ein Populationsmodell mit $M_0=M$, $q=0,977$ und $d= M$ vor.
b) Es gilt dann

\begin{displaymath}
M_\infty=\frac{d}{1-q}=43,48 M
\end{displaymath}

Außerdem folgt

\begin{displaymath}
M_{100}=q^{100}M_0+d(1+q+\cdots+q^{n-1})=\frac{1-q^{101}}{1-q}M=39, 33 M
\end{displaymath}

Aufgabe 2   Phosphor$-32$ hat eine Halbwertszeit von 14,2 Tagen. Wie lange dauert es (Angabe in Stunden, Minuten und Sekunden), dass eine Probe $4\%$ ihrer Masse verliert?
Hinweis: Der Zerfall wird durch die Funktion $f(t)=c_0  e^{-\lambda t}$ mit $\lambda>0$ modelliert.

Lösung 2   Es gilt

\begin{displaymath}
\frac{c_0}{2}= c_0 e^{-\lambda  14,2}.
\end{displaymath}

Dividiert man durch $c_0$ und bildet den natürlichen Logarithmus auf beiden Seiten der Gleichung, so folgt

\begin{displaymath}
\ln\frac{1}{2}= -\lambda  14,2  ,
\end{displaymath}

also ist

\begin{displaymath}
\lambda = \frac{\ln 2}{14,2}=0,04881.
\end{displaymath}

Nach Aufgabenstellung erhält man den Ansatz

\begin{displaymath}
0,96 c_0= c_0 e^{-\lambda  t_1}.
\end{displaymath}

Geht man analog vor, so folgt die gesuchte Zeit (in Tagen):

\begin{displaymath}
t_1=\frac{-\ln 0,96}{\lambda}=\frac{-14,2 *\ln 0,96}{\ln 2}=0,8362904.
\end{displaymath}

Das sind 20 Stunden 4 Minuten und 15 Sekunden.

Aufgabe 3   Zur Rast lassen sich 80 Stare auf 7 Bäumen nieder. Die Stare lassen sich nicht unterscheiden.
a) Geben Sie 2 mögliche Verteilungen der Stare auf den Bäumen an.
b) Berechnen Sie die Anzahl der Verteilungen der Stare auf den Bäumen und geben Sie an mit welcher kombinatorischen Größe die Anzahl berechnet wird.

Lösung 3   a) Folgende Tabelle enthält zwei Lösungen

\begin{displaymath}
\begin{array}{c c c c c c c}
1.  Baum&2.  Baum&3.  Baum&4...
... \\
\hline
5&15&15&15&15&15&0\\
80&0&0&0&0&0&0
\end{array}
\end{displaymath}

b) Die Bäume kann man als Zellen und die Stare als nichtunterscheidbare Kugeln interpretieren. So ist jede Aufteilung eine Aufteilung von $80$ Kugeln auf $7$ Zellen. Dies sind alle Kombinationen von $n=7$ zu $k=80$ (mit Wiederholung), also

\begin{displaymath}
{80+7-1 \choose 7}={86 \choose 7}= 5~373~200~880 \ .
\end{displaymath}

Möglichkeiten.

Aufgabe 4   Es sei die Folge $\{x_n>0:n=0,1,2,...\}$ rekursiv gegeben durch $x_{n+1}=\displaystyle\frac{3}{5}x_n+\displaystyle\frac{2}{x_n^3}$ und $x_0$.
a) Bestimmen Sie die Reproduktionsfunktion $g$ dieser Folge und ihren Fixpunkt $t$.
b) Zeichnen Sie in einem Koordinatensystem die Reproduktionsfunktion, ihren Fixpunkt und drei Werte der Folge mit Anfangswert $x_0=3$. Zeichnen Sie den Kurvenzug ein, der die drei Werte darstellt.
c) Zeigen Sie, dass der Fixpunkt anziehend ist.
d) Bestimmen Sie alle Anfangswerte $x_0>0$, für die die Folge konstant ist.

Lösung 4   a) Die Reproduktionsfunktion lautet

\begin{displaymath}
g(x):=\frac{3}{5}x+2\frac{1}{x^3}.
\end{displaymath}

Der Fixpunkt $t$ erfüllt die Gleichung
$\displaystyle g(t)=t  .$     (1)

Wird von dieser Gleichung (von beiden Seiten) $\frac{3}{5}t$ subtrahiert, und durch $2$ dividiert, so ergibt sich

\begin{displaymath}
\frac{1}{t^3}= \frac{t}{5} .
\end{displaymath}

Daraus folgt

\begin{displaymath}
t= 5^{1/4 }=1,495349
\end{displaymath}

b)
Die Populationsentwicklung ist in Bild 1 dargestellt.


c) Es gilt

\begin{displaymath}
g'(x)= \frac{3}{5}- \frac{6}{x^4}.
\end{displaymath}

Somit gilt

\begin{displaymath}
\vert g'(t)\vert= \left\vert\frac{3}{5}- \frac{6}{t^4}\right...
...t=\left\vert\frac{3}{5}-
\frac{6}{5}\right\vert=\frac{1}{2}<1,
\end{displaymath}

also ist der Fixpunkt $t$ anziehend.
d) Wenn alle Glieder der Folge konstant bleiben, muss der Anfangswert ein Fixpunkt sein, d. h. es gilt $x_0=t$

Aufgabe 5   Die folgende Tabelle stellt zwei Merkmale $x$ und $y$ dar. Hierbei ist $h$ eine Konstante

\begin{displaymath}
\begin{array}{c\vert c c c c c}
y_i& 4&10&12&15\\
\hline
x_i&h&2&3&6
\end{array}\end{displaymath}

a) Es sei $h=0$. Bestimmen Sie mit Hilfe der Methode der kleinsten Quadrate die beste lineare Anpassung $y=a x+b$ von $y$ bezüglich $x$ und den Korrelationskoeffizienten. Wie ist die Güte der Anpassung einzuschätzen?
b) Zeichnen Sie die Punktwolke und die beste Anpassung in einem Koordinatensystem für einen Wert von $h=0$. Entscheiden Sie an der Zeichnung, wie sich der Korrelationskoeffizient verändert, wenn $h= 10$. Kann man $h$ so wählen, dass der Korrelationskoeffizient absolut größer ist als in der Teilaufgabe a)? Welchen Wert für $h$ würden Sie dafür wählen?

Lösung 5   Folgende Tabelle enthält Hilfsresultate zur Berechnung der Korrelationskoeffizienten:

\begin{displaymath}
\begin{array}{c\vert c\vert c\vert c\vert c\vert c\vert}
&x&...
...
&6&15&90&36&225
\\
\hline
Summe&11&41&146&49&485
\end{array}\end{displaymath}

Es ergibt sich nun der Korrelationskoeffizient aus

\begin{displaymath}
r_{x,y}=\frac{4*146-11*41}
{\sqrt{(4*49-11^2)(4*485-41^2)}}
=\frac{133}{\sqrt{75*259}}=0,95.
\end{displaymath}

Für die beste Anpassung $y=a x+b$ von $y$ durch $x$ werden die Parameter aus

\begin{displaymath}
a=\frac{4*146-11*41}{4*49-11^2}=\frac{133}{75}=1,77
\end{displaymath}

und aus

\begin{displaymath}
b=\frac{49*41-146*11}{4*49-11^2}=\frac{403}{75}=5,37
\end{displaymath}

ermittelt. Die beste Anpassung hat die Gestalt

\begin{displaymath}
y=1,77x+5,37.
\end{displaymath}

b)


Wenn $h$ verändert wird, so wandert der Punkt $(h,4)$ auf der Geraden $y=4$. Auf Grund der Zeichnung ist zu vermuten, dass im Falle $h= 10$ die lineare Anpassung schlechter ist als bei $h=0$.
c) Die Summe der quadratischen Residuen für $h=-0.774$ ist kleiner als in Teilaufgabe a), da dann

\begin{displaymath}
1,77h+5,37=4
\end{displaymath}

ist und folglich ein Summand null wird. Für dieses $h$ wird also das Bestimmheitsmaß größer als in a).

Aufgabe 6   Für ein Merkmal mit 5 Ausprägungen $a_i$ wird eine Versuchsreihe mit 40 Versuchen durchgeführt. Folgende Tabelle enthält die Resultate ($n_i$ sei die absolute Häufigkeit von $a_i$):

\begin{displaymath}
\begin{array}{c\vert c c c c c}
a_i&1&3&5&7&18\\
\hline
n_i&6&10&12&10&2
\end{array}\end{displaymath}

a) Bestimmen Sie folgende Charakteristiken: Modalwert, Mittelwert, empirische Varianz $s_n^2$ und das Quantil der Ordnung $0,32$.
b) Bestimmen Sie die Ausreißer und dann die Kenngrößen des Boxplots. Zeichnen Sie den Boxplot.

Lösung 6   Zur Bestimmung von $\bar{x}$ und $s_n^2$ dient folgende Tabelle:

\begin{displaymath}
\begin{array}{c c\vert c c c c c}
&a_i&n_i&a_i*n_i&a_i^2*n_i...
...&490\\
&18&2&36&648\\
\hline
Summe & &40&202&1534
\end{array}\end{displaymath}

Also ergeben sich mit n=40

\begin{displaymath}
\bar{x}=\frac{202}{40}=5,05,\quad s_n^2=
\frac{1}{39}\left(1534-\frac{202^2}{40}\right)=13.18.
\end{displaymath}

Zur Bestimmung des Quantils der Ordnung $0,32$ bildet man

\begin{displaymath}
n*0,32=12,8  .
\end{displaymath}

Die nächste größere ganze Zahl ist $k=13$. Es gilt dann

\begin{displaymath}
x_{0,32}=a_{(13)}=3  .
\end{displaymath}

b) Durch folgende Tabelle bestimmt man die Quantile:

\begin{displaymath}
\begin{array}{c c c c c c}
\alpha &n*\alpha &k&x_{\alpha}
\\...
...30&30&\frac{x_{(30)}+ x_{(31)}}{2}= \frac{7+7}{2}=7
\end{array}\end{displaymath}

Es gilt für die Grenzen:

\begin{displaymath}
x_{0.5}+3*(x_{0.75}-x_{0,25})=5+3(7-3)=17,\quad
x_{0.5}-3*(x_{0.75}-x_{0,25})=5-3(7-3)=-3.
\end{displaymath}

Somit sind die beiden Werte 18 Ausreißer. Durch folgende Tabelle bestimmt man die Quantile nach Elimination der Ausreißer mit n=38:

\begin{displaymath}
\begin{array}{c c c c c c}
\alpha &n*\alpha &k&x_{\alpha}
\\...
...}{2}= \frac{5+5}{2}=5\\
0,75&28,5&29&x_{(29)}= 7
\end{array}
\end{displaymath}

Also ändern sich die Quantile hier nicht.




Dr.Wolfgang Quapp 2003-07-14